Hinlänglich
bekannt ist, dass eine dauerhafte Verbindung - insbesondere bei
anspruchsvollen Anwendungen der Klebtechnik -eine Vorbehandlung der
Fügeteiloberflächen und /oder den Einsatz eines geeigneten
Haftvermittlers zwingend voraussetzt. Obwohl die Notwenigkeit des
Einsatzes eines Haftvermittlers empirisch betrachtet "uralt" ist,
ließ sich der Erfolg von Silanhaftvermittlern erst im letzten
Jahrzehnt dank der modernen Messtechnik wissenschaftlich belegen.
Anhand von Beispielen werden in diesem Beitrag
Charakterisierungsmöglichkeiten und Prozessabläufe für
die Silanhaftvermittlung erläutert.
Bereits bei den alten
Griechen was das Wort ihres Philisophen Plato bekannt, der
sinngemäß sagte: "Es ist unmöglich, dass zwei Dinge
ohne einen dritten Partner eine Einheit bilden. Sie benötigen
immer ein Bindeglied, das sie zusammenhält ".
Haftvermittlung ist also
im wahrsten Sinn des Wortes ein "altes" Thema. Auch die Fragestellungen
haben sich seither nicht grundlegend geändert. Während
früher allerdings eine Haftvermittlung meist auf der Basis von
Erfahrungswerten durchgeführt wurde, ist es heute dank modernster
Charakterisierungsverfahren möglich, die Haftvermittlung auf eine
wissenschaftliche Grundlage zu stellen und daher optimaler anzuwenden.
Die von Plato geforderte Notwendigkeit einer Haftvermittlung zum
Erreichen einer dauerhaften Verbindung ist geblieben.
Der Silanisierungsmechanismus.
Als Haftvermittler werden
technisch seit drei Jahrzehnten überwiegend Silane eingesetzt.
Kein Haftvermittler ist bisher so eingehend untersucht worden wie die
Silanhaftvermittler, deren Mechanismus in folgenden Schritten
abläuft: Das Y symbolisiert dabei jeweils die organofunktionelle
Gruppe im Silan (s. Tabelle 1). Diese Gruppe ist für die enge
Einbindung in die Polymermatrix unerlässlich. Dadurch verbessern
sich die Kraftübertragung und die mechanischen Werte des gesamten
Verbundes.
Der Silanisierungsvorgang
bei Glasgewebe erfordert eine exakte Einhaltung der Prozessparameter
wie z.B. Temperatur und pH-Wert. Nut dann ist gewährleistet, dass
sich die zur Anbindung an die Glasfaseroberfläche erforderlichen
kovalenten SiOH-Gruppierungen optimal ausbilden. Bei
unsachgemäßer Verarbeitung kann sich die haftvermittelnde
Eigenschaft sogar umkehren (trennende Schicht).
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Silanole können zu
Oligosiloxanen kondensieren. Die Kondensation des Trisilanols zu einem
gelartigen dreidimensionalen. Netzwerk aufgrund von Alterung ist zu
vermeiden. Bei oben erwähnter Netzwerkbildung sind keine bzw.
Wenig reaktive Gruppen für die Haftvermittlung verfügbar.
Eine Charakterisierung
der oben erwähnten Silanole ist mittels FTIR (Fourier Transformed
Infrared Spectroscopy)/H-NMR (Kernresonanz) möglich. Einige
handelsübliche Silanverbindungen sind in Tabelle 1 aufgelistet.
Die im Folgenden
beschriebenen Praxisbeispiele verdeutlichen sowohl die
chemisch-/verfahrens-technische Seite als auch die
Charakterisierungsmöglichkeiten bei der Haftvermittlung.
Beispiel 1: Glasgewebe bei der Leiterplattenproduktion.
Um bei der Herstellung
von Leiterplatten eine gute Haftung und Einbettung des Glasgewebes in
die Harzmatrix zu realisieren, wird das Gewebe mit einem Haftvermittler
auf Silanbasis beschichtet.
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Tabelle 1
Organofunktionelle Gruppe |
Chemische Struktur |
Vinyl- |
CH2=CHSi(OCH3)3 |
Epoxy- |
CH2CHCH2OCH2CH2CH2Si(OH3)3 |
Diamino- |
H2NCH2CH2NHCH2CH2CH2Si(OCH3)3 |
Primäres Amin |
H2NCH2CH2CH2Si(OC2H5)3 |
Kationisches Styryl |
CH2=CHC6H4CH2NHCH2CH2NH2(CH2)3Si(OCH3)3.HCl |
Die Anbindung der polymeren
Matrix an die Glasoberfläche erfolgt über die [-Si - O -
Faser] - Konstellation. Durch diese Gruppierung wird eine chemische
Brücke mit guten Sperreigenschaften erzeugt, was sich sehr
vorteilhaft gegenüber dem Eindringen von Feuchte auswirkt.
Zur messtechnischen
Charakterisierung von Gewebe mit unterschiedlichen
Silanisierungsparametern wurden verschiedene Prüftechniken
herangezogen. So lässt sich z.B. nach Zugversuchen am
gehärteten Laminat die Faseroberfläche im REM begutachten
(Bilder 1 bis 4).
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Bild 1: Bei Verarbeitung des Glasgewebes ohne Haftvermittlung ragen die Fasern nahezu ohne Harzreste heraus. |
Bild 2: Die REM-Aufnahmen machen deutlich, dass in diesem Fall das Gewebe zwar mit einem Haftvermittler versehen wurde,... |
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Bild 3: ...die Auswahl der Verarbeitungsparameter jedoch nicht optimal war. |
Bild 4: Bei
guter Haftung zwischen Faser und organischer Matrix sind deutlich auf
der Faseroverfläche anhaftende Harzpartikel zu erkennen. |
Deutlich ist die
unterschiedlich gute Einbettung der Fasern in die Harzmatrix zu
erkennen. Auf Bild 1 ragen die Fasern nahezu nackt, ohne Harzreste
heraus. Das Glasgewebe wurde ohne Haftvermittler verarbeitet. Bei den
Bildern 2 und 3 ist das Gewebe zwar mit einem Haftvermittler versehen,
die Verarbeitungsparameter waren jedoch nicht optimal ausgewählt.
Auf dem Bild 4 dagegen sieht man deutlich auf der Faseroberfläche
anhaftende Harzpartikel. Dies spricht für eine gute Haftung
zwischen Faser und organischer Matrix.
Zu den empfindlicheren Tests
bei der Beurteilung der Silanhaftvermittlung in Epoxylamination
für gedruckte Schaltungen gehören u.a. der
"pressure-cooker-Test" und der "Lötbadtest".
Beide Tests können nur bestanded werden, wenn die Verarbeitungsparameter bei der Silanisierung optimal gewählt wurden.
Wird das Glasgewebe in einem
Bad mit frisch angesetzter, verdünnter Silanlösung (pH-Wert
4-5) getränkt, wird ein monomeres Silan-Triol bevorzugt. Dies
führt zu einem Laminat, das oben erwähnte Tests am besten
besteht. Enthält dagegen das Silanbad eine wässrige
Monomeremulsion oder ein silanfunktionelles Oligomeres bei einem
pH-Wert um 7, zeigt das Laminat schlechtere Ergebnisse. (vergl.
REM-Bilder 2 und 3).
Beispiel 2: Quarzmehl als Füllstoff in Vergussmassen für elektronische Bauteile.
Quarzmehl wird in
Vergussmaterialien für elektronische Bauelemente häufig als
Füllstoff eingesetzt. Auch in diesem Anwendungsfall ist eine
Langzeitzuverlässigkeit des vergossenen Bauteils nur durch eine
möglichst gute Einbettung des Quarzmehls in die Harzmatrix zu
gewährleisten. Sowohl mechanische Kraftübertragung als auch
elektrische Isoliereigenschaften und gute Sperrwirkung gegenüber
Feuchte spielen eine entscheidende Rolle.
Mit Hilfe der Messtechnik
TOFSIMS(time of-flight Sekundärionenmassenspektrometrie) ist es
möglich, silanisierte Quarzmehltypen im Vorfeld zu
charakterisieren(Bild 5).
Die Silanisierung erfolgt
im nm-Bereich, so dass eine Charakterisierung der silanisierten
Substratoberfläche vor der Weiterverarbeitung und somit eine
frühzeitige Fehlererkennung nur mittels TOFSIMS möglich ist.
Ohne diese Analysenmethode könnte man - wie wir am Beispiel des
Glasgewebes gesehen haben - eventuelle Fehler erst nach weiteren
teilweise aufwendigen Verarbeitungsschritten (laminieren,
aushärten usw.) mittels REM - und dann auch nur bedingt - erkennen.
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Bild 5: Negatives TOFSIMS-Speltrum vom Aminosilan (AST) und Epoxysilan (EST) auf Quartmehl (s.Beispiel 2) mit silantypischen Signalen
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Mittels der DETA-Messtechnik
(dielektrische Thermoanalyse) gelingt es, den Unterschied in der
Feuchtigkeitssperrwirkung von behandeltem bzw. Unbehandeltem Quarzmehl
messtechnisch zu erfassen (Bilder 6 und 7). Nach einer Wasserlagerung
jeweiliger Prüfkörper zeigte sich besseres dielektrisches
Verhalten bei den Vergussmassen mit silanisiertem Füllstoff
gegenüber den Prüflingen mit unbehandeltem Füllstoff.
Eine festere Anbindung der Harzmoleküle an den Füllstoff wird
dank des Haftvermittlers erreicht.
Eine kovalente Bindung, wie sie
bei Silanhaftvermittlern vorliegt, liefert, im Vergleich zu
Wasserstoffbrücken und van-der-WaalsKräften, den weitaus
größeren Beitrag zur Haftung.
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Bild 6: DETA-Kurven (bei 600 Hz) einer Vergussmasse mit Quarzmehl ohne Haftvermittler vor/nach Wasslerlagerung (s. Beispiel 2) |

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Bild 7: DETA-Kurven (bei 600 Hz)einer Vergussmasse mit Quarzmehl mit Haftvermittler vor/nach Wasserlaggerung (s. Beispiel 2) |
* Dr.
Amir Hussain und Christa Pflugbeil sind Geschäftsführer des
Unternehmens Comtech Labor für Kunststoffe GmbH, München,
Tel. 089/7489460.
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